2016-03-18 PNN Sieben für die Potsdamer Kultur Rat für Kunst und Kultur in der fabrik gegründet

Sieben für die Potsdamer Kultur Rat für Kunst und Kultur in der fabrik gegründet

Eine einfache Geburt war das nicht, aber das Kind ist nun auf der Welt – und wird im besten Falle gut gedeihen. Fast wie bei einer echten Geburt reagierten auch die Teilnehmer der ersten Vollversammlung des Rates für Kunst und Kultur regelrecht euphorisch auf das neue Gremium, das sich Potsdamer Künstler und Kulturmacher am Mittwochabend in der fabrik erschaffen haben. „Mit dem Rat können wir jetzt die Kunst und Kultur in Potsdam ganz anders aufstellen“, sagt Sabine Chwalisz vom Vorstand der fabrik. Bislang würden Forderungen und Bedürfnisse der freien Szene immer einzeln an die Politik und die Verwaltung gestellt. „Unsere gemeinsame Stimme hat viel mehr Gewicht. “
Die Idee entstand im vergangenem Sommer, als die Alte Brauerei als Zentrum Potsdamer Kultur wegfiel. Damals formierte sich bereits eine Kerngruppe aus den Machern des Freilands, der Kulturlobby, der Kammerakademie Potsdam sowie der fabrik. Ihr Ziel: sich besser untereinander zu vernetzen, aber auch die eigenen Interessen stärker nach außen zu vertreten. Letztlich soll es darum gehen, dass das Kulturschaffen sowohl in Politik als auch in der Verwaltung und nicht zuletzt in der Öffentlichkeit besser wahrgenommen wird.
Zu der ersten Vollversammlung am Mittwochabend sind rund 80 Teilnehmer gekommen. Von den großen Institutionen seien alle da, freute sich Sabine Chwalisz, so etwa Vertreter der Fachhochschule, der Filmuniversität, des Filmmuseums und des Nikolaisaals. Weniger um ein gemeinsames Ziel ging es nun vielmehr darum, größtmögliche Demokratie auszuüben. Mit einer, mit drei, oder gar mit sieben Stimmen je Anwesendem?
Sieben ist nämlich die Zahl, auf die die unabhängigen Stellvertreter der Potsdamer Kulturlandschaft reduziert werden sollen – plus zwei „Reserveräte“, also zwei ergänzende Mitglieder mit Fachkompetenz. Aber wer soll in den Rat gewählt werden, der alle zwei Jahre neu gewählt wird und mindestens einmal im Jahr tagt? Immerhin 15 Potsdamer stellten sich zur Wahl, von der Ehrenamtlerin über den Schauspieler bis zum Landschaftsarchitekten. Und schließlich stand der Kompromiss fest: Jeder der 80 Anwesenden in der Vollversammlung soll sich seinen eigenen Rat zusammenstellen, dafür gibt es maximal sieben Stimmen – wer die meisten Stimmen vereinigen kann, gilt als gewählt.
Am Ende des Abends waren sieben Namen verkündet: Im Rat sitzen Julius Burger (Musiker, Kulturlobby), Sabine Chwalisz (fabrik), Katja Dietrich-Kröck (Kreativwirtschaft), Ud Joffe (Neues Kammerorchester Potsdam), Sirko Knüpfer (freier Künstler), Annette Paul (Stadtteilnetzwerk Potsdam-West) und Jens-Uwe Sprengel (T-Werk).
Den Auserwählten obliegt nun die Aufgabe, ein selbst organisiertes und solidarisches Netzwerk Potsdamer Kulturschaffender zu vertreten, das „Kultur als gesellschaftlich und politisch gestaltende Kraft definiert“, wie es vom Rat für Kunst und Kultur heißt. Es gehe jedenfalls nicht darum, dass bestimmte Leute ihre eigenen Interessen vertreten, sondern dass das Netzwerk repräsentiert wird, so André Tomczak von der Potsdamer Kulturlobby. „Wir werden daran gemessen, wie viel wir gemeinsam erreichen“, sagte Ratsmitglied Ud Joffe. Das bisherige Defizit Potsdams sieht der Künstlerische Leiter des Neuen Kammerorchesters darin, dass Veranstalter sich zu wenig miteinander koordinieren. Viel Energie werde so verschwendet und zugleich gebe es gleichzeitige Höhepunkte im Veranstaltungskalender. „Es herrscht eigentlich ein Überangebot an kulturellen Ereignissen und trotzdem entsteht das Gefühl, es ist nix los.“ Dies zu ändern kann der Rat für Kunst und Kultur nun starten. Die erste konstituierende Sitzung soll am 6. April stattfinden.
Von Oliver Dietrich (mit giw)

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