2015-03-23 PNN Lieder statt Gewehre

„Gundis Lieder. Gundis Themen“ im Spartacus

Für den Liedermacher Konstantin Wecker ist das Gundermann-Projekt viel mehr als nur Musik, es sei eine Vernetzung von Menschen, die zur Revolution bereit sind. „Und eine Revolution muss es geben. So kann es nicht mehr weitergehen“, sagt Wecker. „Mein Wunsch ist nicht, dass es eine französische wird mit Blutvergießen, sondern dass es eine des Bewusstseins und eine Revolution des Mitgefühls wird. Das ist das, was wir brauchen – und da helfen Lieder sehr viel besser als Gewehre.“

Konstantin Wecker ist einer der Liedermacher, die sich für das Doppelalbum „Gundis Lieder. Gundis Themen“ zusammengeschlossen haben. Die Idee war, jeweils einen Song des 1998 verstorbenen Lausitzer Liedermachers Gerhard Gundermann aufzunehmen und auf der zweiten CD einen eigenen zu veröffentlichen, der sich inhaltlich mit den Themen des Liedermachers auseinandersetzt. Am Freitagabend gab es die Record-Release-Feier im gut besuchten Club Spartacus auf dem Freiland-Gelände – mit Konzerten, die bis tief in die Nacht hinein gingen.

Konstantin Wecker war am Freitagabend zwar nicht da, aber wenn alles klappt, kommt er am 13. September nach Potsdam. Sehen konnte man ihn dennoch: Auf einer Leinwand lief der Dokumentarfilm des Potsdamer Filmemachers Matt Sweetwood, der gemeinsam mit Johanna Bergmann an der Kamera einen 15-minütigen Dokumentarfilm über die Entstehung dieses Projektes gedreht hat, in dem Künstler und Weggefährten zu Wort kommen. Viel Musik, viele Erinnerungen – und natürlich Weckers Aufruf zur Revolution, wie ihn der singende Baggerfahrer Gundermann, der seiner Zeit weit voraus war, nicht treffender hätte formulieren können.

Revolution als friedlicher Begriff zog sich durch den ganzen Abend, der, wie es sich für einen guten Liedermacherabend gehört, ganz viel Inhalt zu bieten hatte. Ein bisschen ärgerte sich Pierre Wilhelm da schon über die Wenigen, die in diesen Tagen im Frankfurter Bankenviertel „schlechte Laune hatten“ und damit die friedlichen Revolutionäre diskriminierten. Viele Musiker, die ihre Ideen für eine bessere Welt in Lieder verpackt haben, leben nicht mehr, neben Gundermann etwa Tamara Danz oder Rio Reiser. Aber viele andere haben sich vorgenommen, diese Aufgabe weiterzutragen. Hannes Kreuziger zum Beispiel, der so erkältet war, dass seine sonore Stimme noch eine hübsche Kantigkeit dazubekam, oder die Steinlandpiraten, die mit dem Gundermann-Song „Sag wolltest du nicht noch“ einen wunderbaren Ohrwurm vermittelten: „Wir haben den Song genommen, weil der uns so angesprungen hat“, sagte Sängerin Patti Heidrich. Auch die Potsdamer waren an diesem Abend präsent: Liedermacher-Aushängeschild Ruben sang, etwa mit dem Gute-Laune-Song „Egoschwein“, bissige Eigenkompositionen, und die großartige Band Krogmann brachte nicht nur Textintensität mit, sondern auch gleich den Gundermann-Song „Alle oder keiner“: Der ließ sich gut mitsingen.

Das Potsdamer Projekt strahlt mittlerweile auch über die Stadt hinaus, was nicht nur an großen Namen wie Konstantin Wecker liegt. Zwei Nominierungen sind bereits bei Pierre Wilhelm eingegangen: „Gundis Lieder. Gundis Themen“ ist im Rennen um den „Preis der Deutschen Schallplattenkritik“, außerdem für die „Liederbestenliste“ nominiert. Kaufen kann man die CD nicht, sie wird nur an Bibliotheken und Schulen geliefert: Mit ein wenig Glück kann man aber eine als Dankeschön abstauben, wenn man sich an der Spendenkampagne auf betterplace.org beteiligt. Und das Album lässt sich gut hören, wenn man sich schon mal auf die nahende Revolution vorbereiten will. Oliver Dietrich