2008-11-14 PNN - Eskalation

Eskalation

Michael Erbach über eine doppelte Grenzüberschreitung

Der Konflikt zwischen der Stadtverwaltung und Teilen der Potsdamer Jugend-Szene spitzt sich zu – und zwar drastisch. Dabei vollzogen beide Kontrahenten eine doppelte Grenzüberschreitung: Da war die Erstürmung des Sitzungssaals der Stadtverordneten am Mittwoch durch eine Gruppe von Jugendlichen. Und als Reaktion darauf die verbale Entgleisung von Oberbürgermeister Jann Jakobs, der die Aktion mit den Methoden der Einschüchterung von Demokraten durch Nazis verglich. Selbst am gestrigen Abend, in einer Sendung von Potsdam-TV, nahm Jakobs diese Aussage nicht zurück. Sicher, die Besetzung des Plenarsaals war eine schlimme Provokation, unbedacht und absolut kontraproduktiv – auch angesichts der Tatsache, dass die Verwaltung als Buhmann angesichts der verfahrenen Lage in der Stadt gar nicht so recht taugt. Doch jugendliche Heißsporne mit dem ideologisch untersetzten Vorgehen von Faschisten zu vergleichen – das verbietet sich. Jakobs hätte gut daran getan, sich im Stadtfernsehen dafür zu entschuldigen. Dass er dies nicht tat, sondern noch einmal Öl ins Feuer goss, lässt einerseits Rückschlüsse zu auf die Gemütslage des Stadtoberhaupts. Doch der Oberbürgermeister einer Landeshauptstadt muss souveräner agieren– mit dem Ziel der Bewältigung des Konflikts und nicht im Sinne einer weiteren Eskalation.

Quelle: PNN vom 14.11.2008