2008-11-10 PM:[solid] - Nach großer Demo für alternative Freiräume

Nach großer Demo für alternative Freiräume: Brutaler Polizeieinsatz
beendet Party

Es mag am Großeinsatz der Polizei im Wendland gelegen haben, dass die
Demonstration ?Freiräume statt Schlossträume!? am Samstagnachmittag
weitgehend unbehelligt von der sonst für Potsdam üblichen massiven
Polizeipräsenz stattfinden konnte. Mehr als 1.500 junge und ältere
Menschen verliehen hier bunt und laut ihrer Forderung nach einer
Absicherung von alternativen Kultur- und Wohnprojekten Ausdruck.

Als Abrundung der Demo und Zeichen für das Selbstbewusstsein der
Potsdamer Jugendlichen gab es am Abend verschiedene selbstorganisierte
Konzerte und Veranstaltungen. Ein Höhepunkt war dabei die spontane
Wiederaneignung der leer stehenden Skaterhalle in der
Kurfürstenstraße. Die Skaterhalle reiht sich in die lange Liste von
geschlossenen und bedrohten Jugend- und Kultureinrichtungen in Potsdam
ein. Als symbolischer Ort sollte sie deshalb mit einer Elektro-Party
vor dem bevorstehenden Abriss ein letztes Mal als Ort der Kultur
dienen, bevor auch hier Jugendinteressen durch teure, exklusive Villen
verdrängt werden. Die Party war ein voller Erfolg, hunderte
Jugendliche aus Potsdam, Berlin und Umgebung tanzten die ganze Nacht.

Ein Polizeieinsatz beendete die Party in den frühen Morgenstunden
wegen angeblicher Ruhestörung. Gegen 5:00 Uhr kam es ?unter Anwendung
unmittelbaren Zwangs? zur Räumung der Party Betroffen von dem
übertriebenen Polizeieinsatz war auch eine Studentin an der
Universität Potsdam: ?Der Einsatz war unnötig, weil die Besetzung von
vornherein explizit als einmalige Nutzung geplant war. Das Vorgehen
war völlig übertrieben ? die tanzende junge Menschen wurden von der
Polizei mit massiver Gewalt konfrontiert. Grundlos knüppelten
Polizisten aus Berlin in die Menge, die den Aufforderungen der Polizei
nach einer Räumung bereits nachgekommen war. Leute, die am Boden
lagen, wurden verprügelt, so was hab ich noch nie gesehen. Dieser
Vorgang steht beispielhaft für den Umgang von Stadt und Behörden mit
den Wünschen, Ideen und Projekten der jungen Menschen hier.?

Offensichtlich hatte es die Polizei auf einen solchen übertriebenen
Einsatz gezielt angelegt: Ort und Termin der Party waren in der
Zeitung (MAZ vom 06. November 2008) angekündigt. Wenn die
Veranstaltung hätte verhindert werden sollen, hätte die Polizei im
Vorfeld Gelegenheit dazu gehabt. Roland Gehrmann, Stellvertreter im
LandessprecherInnenrat der Linksjugend ['solid] und Besucher der
gestrigen Party dazu: ?Entweder hat die Polizei stümperhaft gearbeitet
oder aber Stadt und Polizei legten es auf einen solchen Einsatz zur
Eskalation an, um die Potsdamer Jugendlichen in ‘Gut’ und ‘Böse’
sortieren zu können. Ich finde ein solches unverhältnismäßiges
Vorgehen wie gestern Abend unerträglich ? das ist ein weiteres
Beispiel für die Ignoranz der Stadt gegenüber unseren Forderungen nach
alternativen Freiräumen.?

Wir fordern die Stadt und die Öffentlichkeit auf, den brutalen
Polizeieinsatz zu verurteilen und mit den Lippenbekenntnissen zu
Toleranz und Unterstützung der Jugendkultur Schluss zu machen. Wenn
engagierte Jugendliche von der Stadt Potsdam weiterhin so viel
Ignoranz erfahren und von der Polizei zusammengeknüppelt werden,
sollte es nicht verwundern, wenn zunehmend auch andere Aktionsformen
als Demonstrationen und Partys in leer stehenden Häusern gewählt werden.