Delete9

„ACOUSTIC CAFÉ OPEN AIR“ IM FREILAND
Einlullen statt abkühlen

Ach ja, der Sommer: Es gibt einfach nichts Schöneres, als draußen zu sitzen, vielleicht ein Glas Wein zu trinken und Musik zu hören. Dazu passt das „Acoustic Café Open Air“, das am Samstagabend im Freiland stattfand, natürlich perfekt: Allzu viel Tiefgang brauchte man nicht erwarten – aber für eine störungsfreie Berieselung reichte der Konzertabend allemal.

Die Musikreihe „Acoustic Café“ im Haus 2 auf dem Freiland-Gelände hat sich ja inzwischen längst über den Status eines Geheimtipps hinaus entwickelt, Grund genug also, diesmal tatsächlich eine Bühne für ein Open Air aufzubauen – der Konzertabend wurde immerhin dankbar angenommen, vielleicht auch als Substitut für das abgesagte „Ruby’s Festival“ im Waschhaus, das am gleichen Wochenende stattfinden sollte. Allerdings hatte es aufgrund mangelnder Nachfrage abgesagt werden müssen. Was soll’s: Während es in der Schiffbauergasse still blieb, war es allemal besser, auf dem Innenhof vom Freiland-Gelände wenigstens seichte Musik zu geniessen als sich zu ärgern.

Überfordert wurde man an diesem Abend jedenfalls nicht, vier Acts waren für einen Samstagabend ausreichend – so wie etwa der Potsdamer Kevin Noack, der unter dem Namen Kamal und Ton verspielten Gitarrenpop brachte. Auch die nächste Band – Street Poetry – ist ein Potsdamer Eigengewächs: tief entspannter Gesang, der verdammt einlullend war – nicht gerade die beste Voraussetzung, wenn man mit sommerlicher Müdigkeit aufkreuzte. Die vor sich hin plätschernde Musik förderte eher die Unterhaltung, zuckersüß und einschmeichelnd bis zur Belanglosigkeit, aber perfekt, um zärtlich Köpfe an Schultern lehnen zu lassen.

Klar, Belanglosigkeit ist nun mal das Risiko leichter Unterhaltung – und in genau diese Falle geriet die Band Strandlichter: In dieser Art von Musik erfährt die Krankheit des deutschen Schlagers eine unheimliche Renaissance. Strandlichter gingen schon in Ordnung – sofern man ein pubertierender Bravo-Leser mit dem erstem Liebeskummer auf dem Herzen ist. Ansonsten waren die Schmachtfetzen der Bautzener Band nicht nur seicht, sondern geradezu schmerzhaft: Wie der Keyboarder und Sänger mit zittriger Stimme „Es ist vorbei, vorbei“ ins Mikrofon hauchte, während er von einem Eunuchenchor begleitet wurde, sorgte schon für eine unfreiwillige Komik.

Aber so etwas muss ja herauskommen, wenn hoffnungslose Romantiker klebrig-triefende Popmusik produzieren. Dennoch ging die Strategie des Einlullens offenbar auf, der Applaus war auch diesen Zuckerguss-Popmusikern sicher. Es ist schon schräg, ja erstaunlich, was laue Sommerabende für einen Effekt auf den Oxytocin-Haushalt haben können. Und dann ist Musik ja eben auch Geschmackssache: Was die einen gruselig finden, bringt die anderen zum selig Seufzen.

Dass man Musik auch ohne kitschige Plattitüden machen kann, bewies zumindest der Headliner Matteo Capreoli.

Der sympathische Halbitaliener brachte schließlich die nötige Selbstironie mit – und rettete sich damit selbst. Wenn er sang, „bis der Schmetterling schreit“, konnte man das Kichern kaum noch unterdrücken. Klar, auch bei ihm war die Liebe das Grundthema, aber wenigstens verzichtete er auf den leidenden Duktus der Vorgängerband – und genau das machte den Stuttgarter Singer-Songwriter so erfrischend. Und Erfrischung ist doch eigentlich das, was man nach heißen Tagen – an lauen Sommerabenden – ganz besonders sucht.