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Das Freiland lud zum Tag der offenen Ateliers

Wer das Freiland nur dazu benutzt, am Wochenende im Spartacus tanzend die Nacht zum Tag zu machen, der ahnt ja nicht, was er oder sie in den ganzen Kammern, Räumen, Werkstätten und Ateliers für kreative Geheimnisse verpasst. Knapp 40 Projekte beherbergt das Gelände an der Friedrich-Engels-Straße, das am Samstag zum Tag der offenen Ateliers einlud.

Bis vor Kurzem stand das Freiland noch auf der Kippe, nein: auf dem Prüfstand vielmehr. Wird auch die Stadt das Projekt und die Wichtigkeit dieses soziokulturellen Zentrums anerkennen? Immerhin trifft man auf viel Leidenschaft. Tatsächlich gab es nun das Okay, am vergangenen Freitag wurde der Vertrag unterschrieben, der dem Freiland eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung erteilt. „Im Prinzip kann es jetzt richtig losgehen“, freut sich Betreiber Dirk Harder.

Vor der offenen Werkstatt „machBar“ wird am frühen Nachmittag erst mal gefrühstückt, und zwar Steak vom Grill. In der Werkstatt riecht es nach Holz, das Radio dudelt. Meistens kommen die Computer-Nerds hierher, wird erzählt, es gibt ein „Open Lab“ mit 3D-Drucker. Jemand vom HPI sei mal hier gewesen und habe eine Drohne aus Styropor gebaut, die er mit Kamera ausgestattet fliegen ließ. Aber man versteht sich auch als erweiterter Hausmeisterdienst, der auch mal ein Rad an eine Ikea-Sackkarre schraubt. „Du willst dir ein Hochbett bauen? Die Anleitung kriegst du hier. Dein Drucker ist kaputt? Kannst du hier reparieren lassen.“ Die Kunst ist weiter vorn, im Haus 1, davor riecht es nach Knoblauch und Curry, ein gigantischer Pürierstab liegt auf dem Tisch: Kürbiscremesuppe, gegen eine Spende. Der über das Gelände wabernde herzhafte Geruch macht es unmöglich, sie nicht zu probieren. Im Haus 1 selbst sind viele kleine Räume, bis auf einen großen Raum in der Mitte, der als eine Art gemeinsames Atelier funktioniert. Steffi Ribbe von „Farbknall“ bemalt dort ihre Möbel, wenn der Platz in ihrem kleinen Atelier nicht ausreicht. Sie hat ein kleines Zimmer im Gang, nebenan ist die Dekowerkstatt von „Schönet Ding“, in der gerade an einer Quallenlampe mit Plastikfäden gebaut wird, gegenüber ist die Siebdruckwerkstatt: drei Grundfarben plus Schlüsselfarbe, das Sieb kommt in ein sogenanntes Karussell, in dem der Stoff dann bedruckt wird. Heute wird das großflächige Motiv vom Spartacus auf T-Shirts gebracht, „Off to the wrong path“, längst prangt das Bild nicht nur an dessen Hauswand, sondern ist zum Symbol geworden.

„Farbknall“ ist jetzt schon ein Erfolgsmodell, das Atelier ist sogar noch bunter, als der Name suggeriert: quietschbunt bemalte Möbelstücke, aber auch Wäscheklammern, die bis nach Australien verkauft werden, das Auge springt bei so viel Farbe unruhig hin und her. Steffi Ribbe lebt von Auftragsarbeiten, oft kommen Leute mit einem Möbelstück oder einem Foto davon, oder sie fährt zu ihnen nach Hause. „Ich nehme mittlerweile schon Praktikanten, weil ich selbst kaum hinterherkomme“, erzählt sie bei einer Tasse Kaffee. Das nächste Projekt sei dann ein Pop-up-Laden. Ein was? „Das ist ein Laden, der kurz aufploppt und wieder verschwindet“ - und zwar von November bis Dezember in der Babelsberger Bendastraße.

Draußen auf dem Hof steht eine Kamera, davor ein Schlafsack, in dem sich jemand in Zeitlupe windet: Ein Stop-Motion-Trickfilm wird hier gedreht, unter der Leitung von Sirko Knüpfer und Paula E. Paul, ein Medienkünstler und eine Choreografin, deren Studio „Kombinat“ ebenfalls im Haus 1 sitzt. Während die im Freiland probende Band Monkeys Uncle die Tür zum Proberaum schräg gegenüber einfach offen lässt und das Gelände beschallt, schwärmt Paul vom Freiland: „Es ist die Vielfältigkeit auf dem Gelände, es gibt eben nicht nur Ateliers oder nur Büros oder nur Theater – hier ist alles an einem Ort.“ Und alles ist in diesem Fall wirklich viel. Oliver Dietrich

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