Delete18

Die Kulturpolitischen Konzepte werden diskutiert. Bis zum 15. September darf sich jeder beteiligen

Es gibt ein veraltetes Modell der stadtpolitischen Kulturförderung: Die Stadt bewilligt einen Etat, der zur Kulturförderung bereitsteht, ein Politiker muss die Entscheidungen treffen, wer gefördert werden soll – und trifft dann die Entscheidung. So kurz, so ineffektiv. Bis ins Jahr 2006 mag es vielleicht wirklich so ähnlich gelaufen sein in der Landeshauptstadt. Allerdings wurden im Jahr 2007 erstmals die „Kulturpolitischen Konzepte 2008-2012“ vorgelegt, in denen die Leitlinien für Kulturpolitik sowie Entwicklungsschwerpunkte und Maßnahmen für die Kulturförderung festgeschrieben wurden. Dieses Jahr geht es in die nächste Runde, die Leitlinien für den Zeitraum 2014-2018 stehen zur Debatte. Und da geht es um Bürgerbeteiligung: Denn bevor der Entwurf zur abschließenden Beratung und Beschlussfassung an den Kulturausschuss und an die Stadtverordnetenversammlung geht, kann man auf der Homepage der Stadtverwaltung Kritik, Schwerpunkte, Verbesserungsbedarf oder fehlende Themen einreichen, ganz einfach per Formular. Bis zum 5. September besteht da die Möglichkeit, im Dezember entscheidet dann die Stadtverordnetenversammlung über den Konzeptentwurf des Kulturausschusses.

Kurz gefasst: Es geht natürlich um Geld. Und wenn es um Geld geht, wird sich immer jemand benachteiligt fühlen. Doch wo sollen die Schwerpunkte gesetzt werden? Es geht dabei um verschiedene Bereiche: Kulturwirtschaft, Kreativwirtschaft, kulturelle Bildung, Kulturtourismus und natürlich um Soziokultur, alle Akteure haben Interessen und Ansprüche. „Am Ende müssen wir Rede und Antwort stehen, gerade für das, was wir ablehnen“, sagt Kulturbeigeordnete Iris Jana Magdowski. „Jedes Genre spricht für sich, und wir müssen vermitteln.“ Politik bestehe aber auch daraus, dass Wünsche geäußert werden – und auch mal Nein gesagt wird.

Die Idee dahinter war damals, die Bürger direkt an kulturpolitischen Entscheidungen zu beteiligen, wie Birgit Katharine Seemann, Fachbereichsleiterin für Museen und Kultur, sagt. So wurden für jedes Genre Bestandsaufnahmen gemacht: Wo sind die Probleme und Erfordernisse? Wo sind die Querschnittsthemen, die alle Bereiche einschließen? So entstanden erste Thesen und Workshops, die natürlich nicht ganz kontroversenfrei abliefen.

Ein großes Problem sind natürlich die fehlenden Freiräume in einer wachsenden Stadt wie Potsdam. Es seien schlicht keine kommunalen Liegenschaften mehr da, aber auch das Kulturamt wolle keinen Etat, der nur aus Mieten besteht – könne aber auch nicht alle Immobilien kaufen, wie Magdowski sagt. „Die Diskussion wird noch härter werden bei dieser Situation.“

Die freien Kulturschaffenden Potsdams haben sich währenddessen unter dem Dach der Initiative „Kulturlobby“ zusammengeschlossen, die sich im Juni des Jahres aus der schwierigen Situation gegründet hat, zahlreiche Kreativräume in der Alten Brauerei verloren zu haben – also nach dem Entwurf der Kulturpolitischen Konzepte des Kulturamtes. „Wir haben Angst, dass unsere Themen kein Gehör bis 2018 finden“, sagte Dirk Harder vom Freiland, wo am Mittwochabend ein Workshop zum Verwaltungsentwurf stattfand. Das Treffen wurde von zwei Vertretern des Büros für Bürgerbeteiligung moderiert, auf Flipcharts und Karteikarten wurde alles gesammelt und diskutiert. Ein kluger Zug: Wussten die Beteiligten doch selbst, dass sie zu schnell in ihrer eigenen Problematik hängen bleiben können – viel Zeit bleibt ihnen nicht bis zum 5. September. Dabei hat die Kulturlobby viel vor, es geht um die Existenz der Mitglieder, die Künstler, Musiker oder Filmemacher sind.

Drei Hauptthemen wurden erarbeitet und über Stunden diskutiert: Es ging zunächst um Freiräume, also zum einen öffentliche, die bespielt werden können, und geschlossene, die als Brutkästen funktionieren – wie können diese geschaffen und erhalten werden? Außerdem ging es um die Vernetzung: Wie wird Kultur gefunden? Gibt es die Möglichkeit eines zentralen Ortes, der alle kulturellen Aktivitäten vernetzt? Und natürlich um Finanzen: Wie groß ist der Etat, der uns zur Verfügung steht? Wie sieht es mit langfristigen Förderanträgen aus? Wie kann man der bürokratischen Keule ausweichen?

Mit der Forderung, nach Berliner Vorbild einen „Rat der freien Kultur“ einzurichten, kann sich Birgit Katharine Seemann, die auch beim Workshop im Freiland dabei war, sehr gut anfreunden. „Ich halte die Kulturlobby für total wichtig“, sagt sie. Aber sie kenne auch die Probleme, die immer wieder auftauchen, damals etwa, als das Freiland errichtet wurde – im Grunde gehe es darum, wie man bestehende Initiativen zusammenbringen kann mit denjenigen, die etwas neu machen wollen. Manchmal kenne sie den Ansprechpartner nicht mehr: „Dann ist eben die nächste Generation dran – das ist ein zyklisches Problem, dass die jungen Leute sich von den Etablierten absetzen wollen.“ Aber auch die jungen Leute sind Teil der Potsdamer Kultur.