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13 Projekte wurden am Dienstag mit dem Ehrenamtspreis ausgezeichnet. Der Spartacus e.V. bekam auf der Bühne auch eine späte Entschuldigung

Manchmal muss viel Zeit vergehen, ehe sich erbitterte Kontrahenten wieder ein Stück näher kommen können. Einen solchen Moment der späten Einsicht und der versöhnenden Geste erlebten die Gäste der Verleihung des Ehrenamtspreises am gestrigen Dienstagabend. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) entschuldigte sich auf der Bühne in der voll besetzten Schinkelhalle in der Schiffbauergasse bei Vertretern des Jugendclubs Spartacus für einen Nazi-Vergleich, den er vor fast sechs Jahren nach einer turbulenten Protestaktion der Jugendlichen im Stadtparlament gezogen hatte. Die Spartacus-Jugendlichen sollten eigentlich den Ehrenamts-Sonderpreis der Stadtwerke Potsdam entgegennehmen. Aber Jakobs ergriff die Chance zuerst zur Selbstkritik an seinen damaligen Äußerungen, die er als unpassend bezeichnete: „Dafür möchte ich mich entschuldigen.“ Dass das Eingeständnis ein nötiger Schritt war, wurde klar, als die Spartacus-Vertreterin von den Zweifeln berichtete, überhaupt zu einer solchen Preisverleihung zu kommen angesichts der „verletzenden und abwertenden Debatten“ über Jugendkultur in der Vergangenheit. Sie bedankte sich für die Entschuldigung – und wünschte sich gleichzeitig, dass jugendliches Engagement noch sichtbarer wird in Potsdam.

Zumindest beim Ehrenamtspreis am Dienstagabend war das schon der Fall: Unter den insgesamt 13 Preisträgern war das ganze Altersspektrum vertreten. Der Preis wurde bereits zum achten Mal von der Landeshauptstadt gemeinsam mit dem städtischen Wohnungsunternehmen Pro Potsdam und dem Verein Soziale Stadt ausgelobt. Die Verleihung fand nach mehreren Jahren in der Friedenskirche erstmals in der Schinkelhalle statt – musikalisch untermalt vom Sinfonieorchester Collegium Musicum Potsdam und dem Saxophon-Quartett Meier’s Clan unter Leitung des Dirigenten Knut Andreas.

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Oberbürgermeister Jann Jakobs legte im nicht enden wollenden Strom der Lobreden auf die Preisträger erhebliches Talent als erfrischender Conférencier an den Tag. Er interviewte die Ausgezeichneten kurzweilig und machte Werbung für deren jeweils gute Sache. Mit Singgruppenleiterin Heidi Lehne, die die Begegnungsstätte am Schillerplatz ehrenamtlich aufgebaut hat, stimmte er „Am Brunnen vor dem Tore“ an, mit Friederun Schreiber, der Aktivistin des ersten Potsdamer Projektes für generationenübergreifendes Wohnen, tauschte er Erinnerungen an Richtfeste aus, von Graffiti- und Breakdance-Künstler Vincent Grätz, der unter anderem am Jugendclub Alpha im Schlaatz aktiv ist, ließ er sich erklären, was es mit „Drum’n’Beats“ auf sich hat – Grätz: „mit Schrott Musik machen“.

Ehrenamt sei „das Salz in der Suppe einer Stadt wie Potsdam“, sagte Jakobs zur Begrüßung. In diesem Jahr gab es den Angaben zufolge mit 123 Vorschlägen für den undotierten Preis einen neuen Bewerberrekord. „Das zeigt, wie vielfältig und bunt die Landschaft der ehrenamtlichen Tätigkeiten ist“, so Jakobs. Die Preise wurden in sieben Kategorien vergeben, hinzu kam der Sonderpreis der Stadtwerke für den Spartacus e.V. Über die Preisträger hatten drei verschiedene Jurys entschieden, denen unter anderem Verwaltungsmitarbeiter, Ehrenamtler, Lokalpolitiker und frühere Preisträger angehörten. Beurteilt wurden dabei der Einsatz und das Engagement, die Originalität und Kreativität, Nachhaltigkeit und Modellcharakter des Engagements sowie die Bereicherung der Zivilgesellschaft durch das Engagement. Jana Haase