2016-11-26 PNN Pappmöbel für eine bessere Welt

Pappmöbel für eine bessere Welt

Da steht es, das Potenzial der Ressource Wellpappe: Hocker, Couchtisch, Nachtschränkchen. Sarah Wietrzychowski hat am Donnerstag mit ins Rechenzentrum gebracht, was sie mit ihrer Abschlussarbeit an der FH Potsdam entworfen hat - Möbel aus Wellpappe. Neben vier weiteren Initiativen stellte die junge Produktdesignerin etwa 50 Interessierten am dritten Abend der Reihe „Kreativwirtschaft konkret“ ihre Idee vor. Das Motto des Abends: „Ich bin mal eben die Welt retten! Kreativität für eine bessere Welt“. Im Fokus stand dabei das soziale Unternehmertum in der Kreativwirtschaft.
Wietrzychowskis weltrettende Idee ist einfach: Nachhaltige und erschwingliche Möbel für ein von Mobilität bestimmtes urbanes Leben. Keine einfachen braunen Pappkisten sind das, sondern mit farbigen Elementen ergänzt, wirken die Entwürfe wie edle Designerstücke, die auch in jedem jungen Café in Berlin-Kreuzkölln stehen könnten. Der Traum der Designerin: Ein „Pappmöbelnetzwerk“, in dem Bauanleitungen über soziale Medien geteilt werden und von jedem nachgebaut werden können. Das ist nicht schwieriger, als die Möbel eines bekannten schwedischen Möbelhauses zu Hause aufzubauen – nur hat es eben einen gesellschaftlichen Mehrwert. Das Projekt ist ein exemplarisches Beispiel für soziales Unternehmertum. Auch Projekte wie „be able“, in dem Firmen mit behinderten Menschen zusammen Produkte entwickeln, verfolgen diesen Ansatz. Oder „Make Space“, ein interdisziplinäres Projekt verschiedener Fachbereiche der FH Potsdam, das vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise und teuren Mietpreisen „ökologischen und bezahlbaren Wohnraum für alle“ schaffen will. „Open Source – als offene Quelle, die von allen kopiert werden darf und soll“, wie Mitgründer Achim Trautvetter sagt.
So weit, so überzeugend angesichts Klimawandel und weltweit zunehmender sozialer Probleme. Doch sowohl den studentischen Projekten als auch jungen Start-ups fehlen das Geld und Kooperationen, um durchstarten zu können. Ein Grund, warum es die Veranstaltungsreihe gibt, wie die Projektkoordinatorin Elena Arbter erklärt: Die Branche würde im Allgemeinen immer noch nicht stark genug wahrgenommen werden, zudem sind die Unternehmer selbst nicht so stark vernetzt, wie sie es sein könnten.
Um das zu ändern, sei das Rechenzentrum der ideale Ort – das sich in seiner Existenz jedoch bedroht sieht. Am Freitag veröffentlichte es gemeinsam mit der Kulturlobby einen offenen Brief an die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters. Denn, so die Befürchtung, schon 2017 könnte mit dem Wiederaufbau des Garnisonkirchen-Turmes begonnen werden, so dass „der Eindruck einer Bauruine entstehen wird“. Ob Grütters die Einladung im offenen Brief zu einem Besuch annimmt, ist fraglich. Die Anstrengung, die Welt der Kunst- und Kreativschaffenden im Zentrum Potsdams zu retten, bleibt.
Von Andrea Lütkewitz

http://www.pnn.de/potsdam-kultur/1134603/
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