2015-04-24 PNN Erst tanzen, dann Vergnügen

Erst tanzen, dann Vergnügen

Durchatmen zum Geburtstag: Blick auf das Spartacus. Foto: Freiland

Das Spartacus feiert an diesem Wochenende seinen vierten Geburtstag. Eigentlich ist seine Geschichte ja viel älter.

Wer vom Hauptbahnhof auf der Friedrich-Engels-Straße Richtung Babelsberg fährt, kommt rechterhand an einem Zaun und zwei Toren vorbei: Tagsüber ist das Gelände friedlich, an den Wochenenden zieht es nachts jedoch zahlreiche junge Menschen an. Denn dahinter ist das Spartacus, der große Klub in der Mitte des Freiland-Geländes, das Werkstätten, Ateliers und Proberäume beherbergt. Im Spartacus finden Partys, Konzerte und Theatervorstellungen statt: Viele junge Potsdamer können es sich ohne den nächtlichen Wochenendausflug dorthin nicht mehr vorstellen – und wissen kaum um die Geschichte des Klubs, der dieses Wochenende seinen vierten Geburtstag feiert.

Einen Klub namens Spartacus gab es bereits in den 80er-Jahren in der Schloßstraße 13, ein „Klub der Arbeiterjugend“, der zum Lindenpark gehörte. Vier Besitzer scheiterten nach der Wende an dem Objekt, unter dem Namen „SpartaKuss“ gab es sogar eine Disko mit Gogo-Girls – bis es im September 2006 als selbst verwaltetes Projekt des Lindenparks neu eröffnet wurde. Lange hielt es nicht: Im schwarzen Jahr 2008 ging nicht nur das Waschhaus insolvent, auch der Lindenpark musste den Klub abstoßen. Im August zog es Hunderte auf die Straße, Freiräume wurden gefordert, mit der Stadt gab es Verhandlungen: Lindenpark und Waschhaus wurden wieder auf die Beine gestellt – nur für das Spartacus gab es lange kein Objekt. „Wir wollten eigentlich gern ins Minsk, aber das Filetgrundstück war für uns tabu“, erinnert sich Achim Trautvetter, der mit dem extra gegründeten Verein Cultus UG das Freiland koordiniert, mit dem großen Klub Spartacus in der Mitte des Geländes. Bis zum Jahr 2010 dauerte die Suche: Doch plötzlich hatten sie nicht nur ein Haus, sondern ein 12000 Quadratmeter großes Gelände von der Stadt. Auch wenn es viel Gegenwind gerade von CDU und FDP gab, die eine linke Sammelstelle fürchteten, sowie eine dreijährige Probezeit, eine Großbaustelle: Der Aufwand habe sich gelohnt. Vier Jahre später ist das Freiland-Gelände anerkannter Träger der Jugendhilfe, im Januar gab es den Ehrenamtspreis der Stadt. Alternative Projekte können sich hier ausprobieren, mittlerweile läuft das Spartacus autark, Kulturförderung gibt es nur für die großen Theaterevents. Und alles jenseits von Kommerz: Wasser gibt es kostenlos, „Sterni“ für einen Euro, der Eintritt kostet zwischen vier und sechs Euro – und das soll auch so bleiben.

Der Geburtstag soll bewusst nicht mit riesigen Acts gefeiert werden, sondern mit den Leuten, die schon da sind: Am Freitag gibt es eine Electroparty mit den zwei Crews „Never Touch a Running System“ und „Erst Tanzen, dann Vergnügen“, am Samstag tagsüber Loungemusik, bevor am Abend vier Bands aus dem Brausehaus-Kollektiv spielen – und die Feier am Sonntag mit dem Flohmarkt auf dem Gelände ausklingt.
Von Oliver Dietrich

http://www.pnn.de/potsdam/960890/
2015-04-24 PNN Erst tanzen, dann Vergnügen .pdf (139,6 KB)