2013-12-24 PNN Rotkäppchen, der Wolf und das Huhn Luzie Das Red-Dog-Theater begeisterte im Freiland

Rotkäppchen, der Wolf und das Huhn Luzie Das Red-Dog-Theater begeisterte im Freiland

So blau, so erfolglos. Der Wolf und das Red-Dog-Rotkäppchen. Foto: rdth

Man glaubt ja gar nicht, wer sich alles mit dem Rotkäppchen-Stoff beschäftigt hat. Mehr als 300 Spielarten stellte der Wissenschaftsschriftsteller Hans Ritz in seinem auflagenreichen Buch „Die Geschichte vom Rotkäppchen“ einst zusammen. Die Namensliste reicht von Heinrich Heine bis zum Friesen-Otto, von Agatha Christie bis Erich Fried, Monty Python und Mathias Riechling. Nun hat auch das Red-Dog-Puppentheater mit Sitz in Potsdam und Berlin seine Version hinzugefügt, und nicht die schlechteste. Nach einer satten Aufführungsserie vor Ort war das 50-minütige Stück „Rotkäppchen will nicht schlafen“ gestern ein letztes Mal im Freiland zu sehen. Selbstverständlich handelt es sich hierbei um eine eigenständige Fassung der Grimmschen Vorgabe, mit viel Fantasie, Witz und doppelter Bedeutung als Detektivgeschichte für Kinder ab vier Jahren aufbereitet. Denn Spuren musste man schon lesen können, wenn es darum geht, die entführte Oma vor ihrem zweiten Tod zu retten, zuerst wurde sie ja von ihrem Entführer, dem Wolf Gaspár, im Kochtopf gegart.

Guter Besuch von Groß und Klein im schön illuminierten Aufführungsraum, es gab Kakao und Kuchen für die Kinder, alles liebevoll vorbereitet. Die temperamentvolle wie verwandlungsfähige Regisseurin, Schau- und Puppenspielerin Stefanie Rüffer mit ihrem roten Kapuzen-Shirt war in etlichen Rollen zu sehen: Als bebrillte Feld- und Flurforscherin Mathilda erklärte sie den Kindern, was da alles so kreucht und fleucht. Dann war sie Rotkäppchens Mama, ein paar Handgriffe genügten für die Verwandlung. Als Puppenspielerin führte sie den violettpelzigen Wolf mit seinen verschiedenfarbigen Augen, die uralte, etwas blasse Oma und deren letztverbliebenes Haushuhn Luzie, welches stets so misstrauisch ist, wegen seiner verschollenen Kameraden: Angeblich hätte der Fuchs sie geholt, aber jeder weiß, wie gern doch die alte Frau Hühnerfleisch isst. Als Spielfläche diente eine runde Decke mit ein paar Blättern darauf, einige Kartons deuten Wald an, Omas Hühnerhof oder eben den Kochherd des bärenhungrigen Wolfes. Ganz unkompliziert, in jedem größeren Zimmer einsetzbar. Dazu ein paar Klänge aus dem Off wie aus dem Film „Die fabelhafte Welt der Amélie“, nur von Arne Assmann aus Potsdam komponiert – und schon konnte der Krimi losgehen.

Rotkäppchens Schlaflosigkeit war zwar mehr Behauptung als Realität, sonst aber erlebte das Publikum eine fast perfekte und glaubwürdige Geschichte, darin jede Figur mit eigener Geräuschkulisse, mit Witz und Pfiff ihren großen Auftritt bekam. Köstlich die Szenen zwischen der Oma und dem Letzthuhn Luzie, zwischen diesem und dem etwas trotteligen Wolf, der perfekt den deutsch-französischen Dialekt beherrscht, auch in seiner „Öhle“, der Part zwischen Mathilda und ihm. Am besten aber jene Stelle, wo die entführte Oma kurzerhand in den Kochtopf gesteckt wird, wo sie mit dem Wolf über die Zutaten zur eigenen Suppe streitet und sagt: „Mir werden die Füße so warm, könnten Sie die Heizung kleindrehen?“ Zum Ergötzen, kein Kind weinte oder fürchtete sich. Das ist eben der Dreh, den richtigen Draht zu den Kleinen zu finden.

Das Red-Dog-Theater gibt es ja seit 2007 mit Stücken wie „Alice im Wunderland“, „Pippi Langstrumpf“ oder einer Peter-Pan-Version, da hat man seine Erfahrung. Ende gut, alles gut, die Detektivin Rotkäppchen findet den Violetten, schneidet ihm – „Ich schaue nicht hin, ihr müsst auch nicht!“ – den Bauch auf. Und näht ihn wieder zu, weil die Großmutter, wie alle guten Omas, gerade Nadel und Faden mit dabei hat. Mathilda will den seltenen Wolf Gaspár nun begraben, aber auch der lebt wieder auf und trollt sich mit einem „Wölfchen klein, ging allein“ beleidigt davon. Ein Erlebnis der Sonderklasse! Fantastisch schön.
Von Gerold Paul

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