2013-02-28 PNN Wenn Oma die Wohnung kauft

Wenn Oma die Wohnung kauft

Alles ganz einfach? Stadtverordneter Peter Schultheiß (l.) erklärt bei einem Bier, wie auch Studenten mit Omas Hilfe zu den eigenen vier Wänden kommen können und dadurch Potsdams Wohnungsmarkt entlastet werden könnte. Der Einladung der Fraktion Die Andere ins „La Leander“ folgten nicht nur junge Potsdamer.
Foto: Andreas Klaer

Peter Schultheiß löste ein Versprechen ein und rechnete im „La Leander“ alternative Finanzierungsmodelle für Studentenbuden vor

Diesmal bleibt es nicht beim Blick von draußen durch die Fenster wie bei seiner nächtlichen Stadtstreife vor zwei Wochen: Peter Schultheiß, Stadtverordneter der Potsdamer Demokraten, sitzt am Dienstagabend selbst bei einem Bier in der Szenekneipe im Holländer-Viertel. Eingeladen hatte die Fraktion Die Andere, die den umtriebigen Stadtpolitiker beim Wort nahm, als er PNN-Autor Oliver Dietrich sein Geheimrezept gegen den Wohnungsmangel verriet: Studenten sollten sich von ihren Eltern mit Wohneigentum versorgen lassen. Wie das Modell funktioniert, so hatte Schultheiß versprochen, würde er gern einmal bei einem Bier erklären.

Etwa 20 Gäste sind Dienstagabend sehr daran interessiert und treffen sich in der Schwulenkneipe. Schultheiß ist gut vorbereitet. Aber zuerst macht man es sich gemütlich. Das versprochene Bier geht selbstredend auf seine Rechnung. Und dann wollen vor allem die jungen Gäste wissen, wie das gehen soll mit dem Wohneigentum. Peter Schultheiß, Ex-Polizeichef, Mitglied in Haupt-, Sozial- und Kulturausschuss und stellvertretend auch im Finanzausschuss der Stadtverordnetenversammlung, hat ein Rechenbeispiel mitgebracht und verteilt Papier. Die Spannung steigt.
Es sei ganz einfach. Eltern oder Großeltern erwerben eine kleine Wohnung und finanzieren sie – im schlimmsten Fall, den er vorrechnet, zu 100 Prozent. Mit einem Zinssatz von 3,7 Prozent – „der Satz von heute“ – und einer Tilgungsrate von einem Prozent. Ergibt eine monatliche Rate von knapp 400 Euro. Für zehn Jahre. Wenn man die Wohnung weniger als kostendeckend an Kind oder Enkel vermietet, könne man den Verlust abschreiben.

„Und Sie haben eine brauchbare Wohnung“, sagt Schultheiß nach ein paar Sekunden. Es ist, für den Moment, ein bisschen wie bei „Mieten, Kaufen, Wohnen“. Nur das Klientel unterscheidet sich doch erheblich von den Vox-TV-Patienten. „Voraussetzung für dieses Modell ist natürlich Bonität“, wirft der Demokrat noch hinterher. „Das ist interessant“, sagt jemand in der Runde. Die Diskussion ist eröffnet. Was ist mit denen, die keinen festen Arbeitsvertrag haben oder mit Freiberuflern? Könnte man nicht das Arbeitsamt verpflichten, 20 Jahre lang die Raten zu übernehmen, wenn sich das erwiesenermaßen rechnet – als Alternative zur Miete? Schultheiß gibt zu, dass den Banken Omas sichere Rente immer lieber ist als ein wackeliger Arbeitsvertrag. „Aber in meinem Alter gibt mir doch keiner mehr Geld“, befürchtet SPD-Stadtverordnete Bettina Klusemann. Ja, nicht jede Bank lasse sich auf solche Geschäft ein, sagt Schultheiß. Er empfiehlt Direktbanken. Und bitte nicht immer solche Angst haben vor einer Verschuldung: „Rechnen Sie das mal durch, lebenslange Miete oder eine Finanzierung, das lohnt sich!“

Mit einer Mischung aus väterlicher Fürsorge, Naivität und Basisfinanzexpertise bleibt Peter Schultheiß beharrlich, die Teilnehmer der Runde fühlen sich durchaus in ihren Nöten ernst genommen. „Gründen Sie hier mal mit 1200 Euro Facharbeitergehalt eine Familie“, sagt einer. Das Wohnungsproblem betreffe ja nicht nur Studenten. Schultheiß ist überzeugt: Würden alle Verwandten, die dazu in der Lage wären, ihren Studenten Wohnungen kaufen, führte das zu einer Entlastung des Wohnungsmarktes. Davon würden dann alle Potsdamer profitieren. Die Mieten, meint er, könnten sogar sinken. „Aber dann würden die Wohnungen teurer“, gibt jemand zu bedenken.

Eigentlich, so die Meinung der Anwesenden, sei ja die Stadt in der Pflicht, etwas für die Entspannung des Wohnungsmarktes zu tun. Schultheiß holt eine Grafik heraus und zeigt, wo demnächst 460 Studentenwohnungen entstehen sollen. Die Stadt kommt bei dem Projekt nördlich der Feldmark dem Investor mit niedrigen Infrastrukturentwicklungskosten entgegen. Unterstützen könnte die Stadt auch das Archiv, findet Schultheiß, er war da schon, seiner Meinung nach sollte der Kommunale Immobilienservice das alternative Kulturzentrum sanieren und günstig dem Verein vermieten. „Unterschreiben Sie doch eine Bürgschaft für das Archiv“, kommt ein weiterer Vorschlag aus der Runde. Schultheiß lacht. „Ach, ich bin arm wie eine Kirchenmaus!“
Von Steffi Pyanoe

http://www.pnn.de/potsdam/728485/
2013-02-28 PNN Wenn Oma die Wohnung kauft .pdf (117,0 KB)