2008-11-11 MAZ - Mit Faustschlägen und Fußtritten Party aufgelöst / Einsatz soll Thema im nächsten Hauptausschuss sein

POLIZEI: Mit Faustschlägen und Fußtritten Party aufgelöst
Einsatz soll Thema im nächsten Hauptausschuss sein

POTSDAM / INNENSTADT - Lutz Boede, Fraktionsgeschäftsführer der Wählergemeinschaft Die Andere, erhebt schwere Vorwürfe wegen Polizeieinsatzes vom Sonntag. Jugendliche hatten nach der Demonstration für den Erhalt alternativer Wohn- und Kulturprojekte am Sonnabend (MAZ berichtete) die ehemalige Skaterhalle in der Kurfürstenstraße besetzt und eine Elektro-Party gefeiert. Nach Anwohnerbeschwerden über die Ruhestörung waren gegen zwei Uhr morgens Polizisten des Schutzbereiches erschienen, um die Feier aufzulösen. Gegen fünf Uhr dann hatten aus Berlin hinzugerufene Bereitschaftspolizisten die Party gestürmt. Dabei sollen sie mit Faustschlägen und Fußtritten gegen die Jugendlichen vorgegangen sein.

„Ich stand zu diesem Zeitpunkt neben dem Potsdamer Einsatzleiter, weil ich angerufen worden war“, sagte Boede, der zuvor als Versammlungsleiter für die Demonstration verantwortlich war. „Das Eingreifen der Berliner war unnötig. Die Party löste sich bereits auf. Obwohl der Einsatzleiter keinen Befehl dazu gab, stürmten die Polizisten aus Berlin dennoch die Veranstaltung.“ Polizeisprecherin Angelika Christen konnte diesen Vorwurf gestern weder bestätigen noch dementieren. „Weil den Beamten vor Ort trotz wiederholten Nachfragens kein für die Party Verantwortlicher genannt wurde und die Stimmung zunehmend beleidigend und aggressiv wurde, riefen sie weitere Kräfte zu Hilfe“, so Christen.

Boede beschrieb das Vorgehen der Bereitschaftspolizei aus Berlin als „Kultur der Respektlosigkeit“: „Ein Passant wurde als Schwuchtel bezeichnet. Als er den Dienstausweis des Beamten sehen wollte, wurde ihm dies höhnisch verweigert.“ Mehrere Berliner Polizisten sollen den Sprechchor „Auswärtssieg“ angestimmt haben. Auf Boedes Frage, ob man eine Eskalation unter den abziehenden Partygästen provozieren wolle, soll ein Polizist gesagt haben: „Heute ist doch Kristallnacht.“ Drei Feiernde wurden wegen Widerstands oder Beleidigung kurzfristig festgenommen. Einer von ihnen sagte gegenüber der MAZ, dass er mit der Faust brutal ins Gesicht geschlagen worden sei. Ein anderer, der ebenfalls bis ungefähr elf Uhr morgens im Gewahrsam saß, soll einen Rippenbruch erlitten haben. Laut Pressemitteilung der Polizei war indes keiner der Festgesetzten verletzt. Boede bietet allen Geschädigten Hilfe bei Schadensersatzansprüchen an.

Bis Ende Oktober hatten die Wildwuchs-Streetworker die Skaterhalle betrieben. Dann endete der Vertrag mit der Stadt. „Es ist leicht, in die Halle einzubrechen“, sagte Streetworker Stephan Mertens.

In einem Gespräch mit Polizeipräsident Rainer Kann hat Hans-Jürgen Scharfenberg, Fraktionschef der Linken, gestern vorgeschlagen, einen Bericht der Verantwortlichen beim nächsten Hauptausschuss zu hören. Kann habe Zustimmung signalisiert. Scharfenberg will nun mit Oberbürgermeister Jann Jakobs sprechen. (Von Sebastian Scholze)

Quelle: MAZ vom 11.11.2008