2008-10-23 PNN - Kulturnote: „Mangelhaft“

Kulturnote: „Mangelhaft“

Junge Potsdamer sorgen sich um die Kultur-Szene der Stadt. Am 8. November wird demonstriert

Das Spartacus-Jugendhaus geräumt, Lindenpark und Waschhaus zwar noch offen, aber zahlungsunfähig – und auch das Archiv kurz vor dem Aus. In den letzten Wochen und Monaten häuften sich die schlechten Nachrichten für junge Potsdamer. Inzwischen ist für den 8. November die bereits zweite Demonstration des Jahres für mehr Jugendkultur geplant. Das Motto: „Freiräume statt Schlossträume“.

Lotte Maiwald will vielleicht hingehen. Denn in Potsdam gefällt ihr nur ein Kulturhaus richtig schön. „Das neue Theater finde ich sehr beeindruckend“, sagt die 20-jährige Philosophiestudentin. „Sonst ist die Stadt irgendwie klinisch rein, perfekt saniert. Häuser müssen aber auch alt aussehen dürfen.“ Das Kulturangebot spreche nur eine kleine wohlhabende Schicht an, so die Studentin.

Das Thema Geld scheint für junge Potsdamer eine große Rolle zu spielen. „Die Preise sind teilweise sehr hoch. Für Studenten gibt es allerdings sehr schöne Angebote“, sagt die 20-jährige Germanistik- und Romanistikstudentin Julie Blank. Die Idee der Demo finde sie gut, da „es teilweise nervig ist, dass Potsdam nur mit seinen Schlössern verglichen wird.“

Ein Problem mit der Landeshauptstadt hat auch Daniel Rainers. „Mangelhaft“ ist das Potsdamer Kulturangebot in den Augen des Auszubildenden. „Angebote für kleinere Geldbeutel sind wenig vorhanden“, sagt der 25-Jährige. Der alternative Freiraum fehle, die drohende Schließung des Archivs sei „gerade für die alternative Szene schlecht.“ Zu der Demo am 8. November würde er gerne gehen – allerdings ist er nicht da. Dennoch wünsche er sich, „dass die Demo ernst genommen wird.“

Marcel Vortisch ist da skeptisch. Der 16-jährige Praktikant fragt sich, ob der Protest der Jugendlichen überhaupt etwas bewirken könne. „Eine Demo erzeugt Aufmerksamkeit. Wenn sich Behörden allerdings etwas in den Kopf gesetzt haben, weiß ich nicht, ob das noch etwas bringt.“ Potsdams Jugend habe insgesamt zu wenig Mitspracherecht. Eine Lösung sehe er in der Einrichtung eines Jugendparlamentes.

Dagegen ist die Auszubildende Linda Meinke mit dem Kulturprogramm in Potsdam rundum zufrieden, ihr reichen die Angebote für Kino und Disko völlig aus. „Das Angebot ist groß. Mir fällt nichts ein, was Potsdam nicht zu bieten hätte“, sagt die 17-Jährige.

Das ist bei Linda Schlicht völlig anders. Die 22 Jahre alte Potsdamerin setzt sich oft in die S-Bahn und fährt nach Berlin. Denn „in Potsdam ist immer dasselbe los“, sagt die Studentin der Sozialpädagogik. Auch störe sie, dass „für Veranstaltungsräume zu wenig Geld investiert wird.“ Und sie wünscht sich mehr Förderung von Jugendklubs, da diese „junge Leute von der Straße holen und beschäftigen.“ Ob sie zu der Demo geht, weiß sie zwar noch nicht, ist jedoch grundsätzlich für den Gang auf die Straße: „Mehr Masse wird gesehen.“ Am 8. November treffen sich die Demonstranten um 14 Uhr am Hauptbahnhof und wollen von dort aus durch die Innenstadt ziehen. Die Organisatoren hoffen auf mehr Teilnehmer als bei der ersten Jugendkultur-Demo im Sommer: Damals kamen nur 400.H. Alsleben/ V. Schiller

Quelle: PNN vom 23.10.2008