2008-10-10 PNN - Antrag zur Rettung des Archiv-Clubs

Antrag zur Rettung des Archiv-Clubs
Stadt stellt „mittelfristige“ Sanierung in Aussicht / Spartacus-Ersatzhaus marode

Von Henri Kramer

Der Archiv-Club vor der Sperrung wegen Brandschutzmängeln, ein Ersatz für das Spartacus-Jugendhaus in weite Ferne gerückt: Die schon vor der Kommunalwahl schwierige Situation für alternative Jugendkultur in Potsdam hat sich erheblich verschärft; und dies vor den geplanten runden Tischen zur Zukunft der Potsdamer Soziokultur am kommenden Donnerstag.

Inzwischen gibt es erste Reaktionen der Politik auf die neuerliche Krise. Für den Hauptausschuss in der nächsten Woche hat die Partei Die Linke einen Antrag formuliert, dass das Kulturzentrum in der Leipziger Straße 60 weiter von dem gleichnamigen Trägerverein Archiv e.V. genutzt werden kann. Vergangene Woche war bekannt geworden, dass die Feuerwehr bei einem Rundgang vor Ort wegen Brandschutzmängeln massive Bedenken erhebt: Demnach fehlen Sicherheitstüren und Fluchtwege. Nun prüft die Untere Bauaufsicht, ob Konzert- und Probenräume in dem Haus gesperrt werden müssen. Damit würden allein im November zehn geplante Konzerte ausfallen, das seit mehr als zehn Jahren existierende Alternativ-Zentrum verlöre die wichtigsten Anlaufpunkte. Mit dem neuen Antrag nun sieht Linke-Chef Hans-Jürgen Scharfenberg die Stadt in der Pflicht: „Sie hat als Vermieter des Hauses eine klare Verantwortung.“ Zudem hätten sich die Stadtverordneten erst in diesem Jahr für den Erhalt des Szene-Standorts ausgesprochen.

Die Situation des Archiv gilt als schwierig. So hatte der Trägerverein immer wieder beklagt, keine langfristige Planungssicherheit zu besitzen, weil der Mietvertrag mit dem Kommunalen Immobilienservice (KIS) zwar unbefristet ist, aber jedes Jahr gekündigt werden kann. Dazu steht das Haus unter Denkmalschutz, was eine Sanierung erschwert und verteuert – allerdings ist genau so eine langfristige Instandsetzung durch die Bewohner eine Bedingung im Mietvertrag für das Gebäude. In der Vergangenheit gab es zudem wiederholt Mutmaßungen, das Archiv-Zentrum müsse dem künftigen Wohngebiet Speicherstadt weichen, das gegenüber liegt.

Die Verhandlungen mit dem Archiv e.V. führt Wolfgang Hadlich, Büroleiter von Oberbürgermeister Jann Jakobs. Den PNN sagte Hadlich gestern, er bemühe sich um eine Lösung – doch wenn die Bauaufsicht sperre, dann müsse dem vorerst nachgekommen werden, weil die Stadt im Fall eines Brandes sonst haften müsse. Zu einer langfristigen Perspektive für das Haus sagte Hadlich, dies müsse mit dem Archiv e.V. geklärt werden. Zumindest mittelfristig müssten sich die Bewohner des Hauses auf eine notwendige Sanierung einstellen, nach der aber Widersprüche wie in der Schiffbauergasse möglich seien – das früher besetzte Gelände gilt in der Alternativ-Szene als „tot saniert“.

Auch mit anderen Teilen der Alternativ-Szene verhandelt Hadlich derzeit: Etwa mit dem Spartacus e.V. über einen Ersatz für das gleichnamige Jugendhaus, das im Frühjahr geschlossen wurde. Die Stadt hatte am Mittwoch vor einer Woche überraschend das marode Doppelhaus in der Babelsberger Johannsenstraße 18 und 19 angeboten. Doch eine erste Begehung mit einer Architektin hat laut Teilnehmern „riesigen Sanierungsbedarf“ offenbart, von Beträgen über einer Million Euro ist die Rede. Hadlich sagte dazu, er halte den Standort wegen seiner abgeschiedenen Lage weiter für ideal für Jugendkultur, die Zukunft des Hauses an sich werde aber geprüft: „Wir können die Bausituation noch nicht einschätzen.“

Quelle: PNN vom 10.10.2008