2008-10-02 MAZ - Sperrung des „Archiv“ angekündigt

SOZIOKULTUR: Sperrung des „Archiv“ angekündigt
Konsequenz aus Begehung des Kulturtreffs durch Feuerwehr / Ersatzdomizil für Spartacus e.V.

POTSDAM / INNENSTADT/BABELSBERG - Bei einer Begehung des linksautonomen Kulturtreffs „Archiv“ in der Leipziger Straße hat die Feuerwehr eine baupolizeiliche Sperrung der Veranstaltungs- und Probenräume angekündigt. Das bestätigte Archiv-Vizevereinschef Raico Rummel auf Anfrage. Das Archiv hat wegen der Brandschutzmängel einen Nutzungsvertrag, der jährlich verlängert werden muss. Räumungsfristen kenne man noch nicht, man warte auf das behördliche Schreiben, sagte Rummel.

Von der Stadt gab es dazu keine Mitteilung. Stattdessen unterbreitete Oberbürgermeister Jann Jakobs überraschend das seit fünf Monaten erwartete Alternativangebot für einen anderen Teil der Jugendszene: den Spartacus e.V… Er soll als Ersatz für seine verlorenen Räume in der Schlossstraße die Gebäude in der Babelsberger Johannsenstraße 18 und 19 bekommen. Die maroden Häuser gehören der kommunalen Holding Pro Potsdam. Sie sollen „ein Ort für kreative Ideen“ werden, der „von den Jugendlichen selbst gestaltet werden kann, ohne dass Kultur verordnet wird“, erklärte Jakobs.

Bei einem Gespräch mit Achim Trautvetter und Daniel Kelm vom Spartacus e.V. mit Jugendamtsleiter Norbert Schweers, Kulturfachbereichsleiterin Birgit-Katharine Seemann und dem Chef des Oberbürgermeister-Büros Wolfgang Hadlich äußerte die Verwaltung die Erwartung, dass die am Wochenende besetzte „Villa Wildwuchs“ in den kommenden zwei Monaten geräumt wird. Die Johannsenstraße solle nicht nur einzelne Vereine und Initiativen beherbergen, sondern Anlaufstelle der subkulturellen Szenen in der Landeshauptstadt werden. In der „Villa Wildwuchs“ stieß das Umzugsangebot auf Skepsis und Ablehnung. Die Nutzer betonten, der Spartacus sei nicht identisch mit dem Wildwuchs-Projekt, das man vor Ort weiter entwickeln wolle.

In der Johannsenstraße seien 400 Quadratmeter in zwei Etagen nutzbar, eventuell wären Dach und Keller ausbaufähig, sagte Lindenpark-Vereinschef Dirk Harder, der an den Gesprächen teilgenommen hatte. Der Oberbürgermeister wolle den Hauptausschuss am 15. Oktober zur Freigabe einer „sechsstelligen Summe“ bewegen. Laut Harder will Jakobs, dass der Spartacus e.V. einen „etablierten Träger“ sucht, der die Erbpacht und andere vertragliche Pflichten übernimmt. Der Lindenpark e.V. stünde zur Verfügung, sagte Harder.

Ob es Intention der Rathausspitze ist, auch das „Archiv“ in die Johannsenstraße zu verlagern, war gestern nicht zu erfahren. Rummel hält das für nicht machbar: „Wir haben zurzeit 2000 Quadratmeter. Besser wäre es, man saniert das Archiv.“ (Von Volkmar Klein)

Quelle: MAZ am 02.10.2008